Nachprüfung

Nachprüfung

 

Warum gibt es die Nachprüfung?

Berufs­unfähig­keits- und Grundfähigkeitsversicherungen werden in der Regel mit einer Laufzeit von vielen Jahren abgeschlossen. Oft sogar für drei bis vier Jahrzehnte. Bei längeren Berufs­unfähig­keiten summiert sich die Rente damit auf einige Hunderttausende Euro. Um den Beitrag für alle Versicherten trotzdem dauerhaft bezahlbar kalkulieren zu können, müssen die Versicherungen regelmäßig prüfen, ob eine Berufs­unfähig­keit nach wie vor besteht. Dies können Sie über die Nachprüfung bis zu einem Mal pro Jahr. Die Versicherung kann so überprüfen wer keinen Anspruch mehr auf seine Rente hat und die Leistung dann einstellen.

 

Was wird dabei geprüft?

Einfach gesagt: die Versicherung prüft, ob Sie weiterhin berufsunfähig sind.

Zuerst wird geprüft, ob die Einschränkungen, die zur Berufs­unfähig­keit geführt haben, weiter bestehen.

Wenn Sie einer neuen Tätigkeit nachgehen, dann überprüft die Versicherung außerdem, ob das soziale Ansehen und das Einkommen dieser neuen Tätigkeit vergleichbar mit Ihrer letzten Tätigkeit sind.

Dabei ist besonders darauf zu achten, wie das Verhältnis des Einkommens zur letzten Tätigkeit in den Versicherungsbedingungen definiert ist. Hier gibt es am Markt zwei unterschiedliche Formulierungen.

Einige Berufs­unfähig­keitsversicherungen formulieren recht allgemein, dass dieses Verhältnis im Einzelfall geprüft wird. Diese Regelung kann für Sie zum Nachteil sein. Zwar nimmt sich die Versicherung hierbei die höchstrichterliche Rechtsprechung als Orientierung, die Rechtsprechung lässt hier aber einen recht großen Spielraum. In der Regel müssen Sie bis zu 30% Einkommensverlust hinnehmen.

Besser ist die Regelung dann, wenn von einem konkreten Einkommensverlust gesprochen wird. Unterschreiten Sie diesen, dann bekommen Sie auf jeden Fall weiterhin Ihre Rente. Dieser Wert liegt in der Regel bei 20%.

Werden wir einmal konkret mit einem Beispiel:

Vor Eintritt Ihrer Berufs­unfähig­keit haben Sie ein Bruttoeinkommen von 48.000,- Euro pro Jahr verdient.

Da Sie Ihren letzten Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben können, erhalten Sie Ihre Berufs­unfähig­keitsrente. Gleichzeitig arbeiten Sie noch in einer anderen Tätigkeit, bei der Sie ein jährliches Einkommen von 36.000,- Euro erhalten. Bei der Einzelfallprüfung ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass nun Ihre Berufs­unfähig­keitsrente in der Nachversicherung eingestellt wird.

Im Falle der 20%-Regelung dürften Sie nun Ihre BU-Rente weiterhin beziehen.

Gut zu wissen: es gibt einen wichtigen Unterschied in der Nachprüfung zwischen Berufs­unfähig­keits- und Grundfähigkeitsversicherung. In der Grundfähigkeitsversicherung wird nur überprüft, ob die Einschränkungen weiterhin bestehen. Hier spielt es keine Rolle, ob Sie einen Beruf ausüben und ob dieser Ihrer vorherigen Lebensstellung entspricht.

 

Achtung vor dieser Falle in der Nachprüfung

Die klare Regelung des Einkommensverlustes im Rahmen der konkreten Verweisung spielt schon in der Erstprüfung eine Rolle. Nun könnten Sie annehmen, dass eine Versicherung, die in der Erstprüfung einen festen Wert von 20% vorgibt, ja auch in der Nachprüfung zu Ihrem Vorteil ist.

Leider wenden hier einige Versicherungen immer noch einen Trick an. Sie ändern die Vorgaben der Erstprüfung in der Nachprüfung einfach. Dadurch kann es vorkommen, dass Sie zwar bei der erstmaligen Beantragung der Berufs­unfähig­keitsrente ohne Problem Ihre Leistung bekommen, in der Nachprüfung wird diese dann aber direkt wieder kassiert.

 

Auslandsaufenthalte im Leistungsfall

Die meisten Berufs­unfähig­keits- und Grundfähigkeitsversicherungen bieten bedingungsgemäß einen weltweiten Versicherungsschutz. Wenn Sie aber heute schon mit dem Gedanken spielen später einmal ins (außereuropäische) Ausland zu ziehen, dann kann dies auch für die Nachprüfung relevant werden. Die meisten Versicherungen verlangen nämlich, dass Sie Sich zur medizinischen Nachprüfung in die Hände eines deutschen Arztes begeben. Zwar werden die Reise- und Übernachtungskosten von Ihrer Versicherung bezahlt, die Reisestrapazen müssen Sie aber natürlich trotzdem auf Sich nehmen.

Sollten Sie heute schon mit einem Wegzug planen, empfiehlt sich ein Tarif, der zumindest nur einen Arzt nach Deutschem Standard oder eine Untersuchung in der Deutschen Botschaft fordert.

 

An der Nachprüfung führt kein Weg vorbei

Wenn Sie Ihre Leistung beantragen, dann kann die Versicherung entscheiden, ob sie Ihnen ein befristetes Anerkenntnis ausspricht oder die Leistung unbefristet anerkennt. Hat sie sich dann für letzteres entschieden, dann gibt es nur einen einzigen Weg, um die Zahlung danach einstellen zu können. Und das ist die Nachprüfung.

Gelingt es der Versicherung hierbei nicht nachzuweisen, dass Sie keinen Anspruch mehr auf Ihre Rente haben, dann muss die Versicherung weiterzahlen. So lange, bis der Vertrag bzw. die Leistungsdauer endet.

Dass es keine andere Möglichkeit gibt, hat eine Versicherung am 19.11.2018 vor dem Oberlandesgericht Celle (Urteil 8 U 139/18) erfahren müssen. Nachdem Sie zuvor die Berufs­unfähig­keitsrente eines Kunden ohne Nachprüfungsverfahren eingestellt. Der Kunde reicht Klage ein. Am Ende landet der Fall beim Oberlandesgericht. Und dieses stellt klar „ein unbefristetes Anerkenntnis kann ausschließlich im Rahmen einer Nachprüfung geprüft und eingestellt werden“.